Weitere Liberalisierung des europäischen Postmarktes

Helmuth Markov, Thomas Raeck

Ende November verabschiedete der Ausschuß für Regionalpolitik, Verkehr und Fremdenverkehr des EP einen Bericht des deutschen Christsozialen Ferber, in dem die Europa-Abgeordneten ihre Stellungnahme zum Vorschlag der Europäischen Kommission über den nächsten Schritt zur Liberalisierung der europäischen Postdienste abgaben.

Ausschuß-Vize-Präsident Helmuth Markov, wie auch die anderen Mitglieder der GUE/NGL – Fraktion hatten sich vehement gegen den Vorschlag gewandt, vom Jahr 2003 an Briefe und adressierte Werbesendungen ab 50 Gramm (bisher 350 Gramm) zu liberalisieren und den Markt für alle ins Ausland gehenden Sendungen und für Expressdienste zu öffnen. Die Kommission hatte angegeben, dass mit ihren Vorschlägen weitere 20 Prozent des Marktes für Postdienste zusätzlich zu den bisher 3 Prozent geöffnet werden würden.

Gemeinsam mit Sozialdemokraten, Grünen und einigen konservativen Abgeordneten aus Frankreich und Spanien fand sich eine unerwartet klare Mehrheit, die den neoliberalen Kurs der Vorschläge der Kommission und des Berichterstatters ablehnte. Bis auf die Zustimmung zum Kompromiss, die Gewichtsgrenze des reservierten Bereichs auf 150 Gramm herabzusetzen, wurden alle anderen Vorschläge abgelehnt. Gemeinsamer Konsens aller Abgeordneten war die Überzeugung, dass nur eine schrittweise und kontrollierte Öffnung des Marktes akzeptabel sei, die Erhalt und Gewährleistung der universellen Dienstleistungen der Postdienste ermöglichen würde. Der Vorschlag der Kommission und der Berichtsentwurf wurden dem nicht gerecht.

Von den Abgeordneten der GUE/NGL wurde mittels Änderungsanträgen insbesondere gefordert, zunächst eine Analyse der Auswirkungen der ersten Phase der Marktöffnung ab 1997 auf die Postdienste und ihre Service-Angebote für den Bürger in allen EU – Staaten und in den jeweiligen städtischen bzw. ländlichen Regionen, sowie auf die Arbeitsmärkte der Länder vorzunehmen. Erst nach Kenntnis der Auswirkungen könnten neue Vorschläge über den nächsten Schritt der Marktöffnung vorgelegt werden. Ein Strukturwandel im Bereich der Postdienste ist sehr sorgfältig in Angriff zu nehmen, da der Postdienst sehr beschäftigungsintensiv ist und hier ein hohes Niveau an sozialen und Ausbildungsstandards gewährleistet ist. Der gewünschte Wettbewerb, so zeigt es die Praxis, wird hier über den Preis und ein Lohndumping geführt.

Der Ferber-Bericht wurde Mitte Dezember im Plenum des EP abschließend beratend. Es kam, wie erwartet, zu einem heißen Kampf um das Maß der Liberalisierung, da konservative und liberale Befürworter der schnellen Liberalisierung der Postdienste zum Sturm blasen.