Bildung ist das wahre Wesen menschlicher Entwicklung

Diesen Worten von Mahubub Al Haq kann ich nur zustimmen. Bildung ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte als elementares Grundrecht festgelegt. Doch Millionen von Kindern in der Welt wird dieses Grundrecht vorenthalten. Laut UNICEF haben 130 Millionen Kinder nie eine Schule besucht, zwei Drittel davon sind Mädchen. Neben mangelnden finanziellen Ressourcen und der Auslandsverschuldung sind gewaltsame Konflikte und Krieg häufige Gründe dafür. Laut einiger Statistiken lebt die Mehrzahl der Kinder, die keine Grundschule besuchen, in Ländern, in denen kriegerische Auseinandersetzungen stattfanden oder stattfinden. Anstatt in die Schule zu gehen, kämpfen laut eines Berichts der Koalition gegen den Einsatz von Kindersoldaten mehr als 300.000 Kinder in 41 Ländern als Soldaten. Untersuchungen haben ergeben, dass sich Eltern gar keine Schulbildung für ihre Kinder leisten können. Hinzu kommt die verbreitete Kinderarbeit. 250 Millionen Kinder arbeiten weltweit, damit die Familie ernährt werden kann. Millionen weiterer Kinder müssen unter furchtbaren Bedingungen lernen. Schätzungen zufolge haben 15 % der Schulen keine Schulgebäude. Lehrer unterrichten häufig mehr als 100 Kinder in einer Klasse. Hinzu kommt der Mangel an Unterrichtsmaterialien, Büchern und Stiften. Vor allem Kinder aus ländlichen Gebieten kommen kaum in eine Schule, an behinderte Kinder wird bei der Schulplanung selten gedacht.

Das Europäische Parlament hat in seiner Septembertagung in Straßburg den Bericht der britischen Labour-Abgeordneten Glenys Kinnock behandelt und abgestimmt, in dem die Problematik der Bildungskluft zwischen den reichen und armen Ländern ausführlich behandelt wurde. In dem Bericht wird das Recht aller Kinder auf unentgeltliche Grundbildung von guter Qualität gefordert. Ich schließe mich dieser Forderung an. Denn: Bildung ist die wichtigste Waffe bei der Bekämpfung von Armut, der Förderung von Demokratie und der Menschenrechte und der Stärkung der Rolle der Frau in der Gesellschaft. Bildung fördert den Frieden. Bildung vermittelt Selbstvertrauen, Selbstachtung und die Fähigkeit, Autorität infrage zu stellen.

Wir brauchen umfassende, globale Bildungsprogramme, um das Bildungsdefizit abzubauen. Die Bereitstellung beträchtlicher Finanzmittel in Form von Hilfe und Schuldenerlass für die ärmsten Länder muss ein wichtiger Bestandteil dieser Bildungsprogramme sein. Länder mit hohen Rüstungsausgaben müssen ihre Haushaltspläne umstrukturieren und dafür sorgen, dass der Bildung ein höherer Stellenwert im nationalen Haushalt eingeräumt wird. Die Europäische Union muss die Rechte der Kinder stärker in die Entwicklungspolitik integrieren, und es müssen Haushaltsmittel speziell für Kinder bereitgestellt werden. Formale Schulgebühren müssen abgeschafft werden, damit sich die Eltern eine Ausbildung für ihre Kinder leisten können. Mädchen müssen einen besseren Zugang zur Schul- und Grundbildung bekommen und die Kinderarbeit muss bekämpft werden. Die internationale Staatengemeinschaft ist gefordert, die Bedingungen dafür zu schaffen.

Mehr Schatten als Licht

In der Debatte des EP zum EU-Haushalt 2002 warnte die PDS-Abgeordnete Christel Fiebiger (GUE/NGL) davor, die Agrarmittel, nur weil sie der größte „Haushaltsbrocken“ sind, als Verfügungsmasse für andere Politikfelder anzusehen. „europarot“ sprach mit ihr. Immerhin verschlingen die Agrarausgaben 46 Prozent des EU-Haushaltes. Ist es da nicht an der Zeit, die Agrarsubventionen zurück zu fahren?

Christel Fiebiger: Ich wende mich gegen das Wort „verschlingen“. Es suggeriert, die Landwirte mästen sich an den EU-Töpfen. Ihr Einkommen liegt aber weit unter dem der gewerblichen Wirtschaft. Auch bin ich allergisch gegenüber dem Begriff Subventionen. Der größte Betrag, den die Landwirte erhalten, sind keine Subventionen, sondern ein Ausgleich für reduzierte Preise, denn die Reform der EU-Agrarpolitk fußt auf dem Konzept der allgemeinen Senkung der Erzeugerpreise bei Anhebung der direkten Beihilfen.

Weder heute noch in absehbarer Zukunft können die Bauern allein von ihren Markterlösen existieren. Ohne Beihilfen würde die EU-Landwirtschaft durch die Liberalisierung der Weltagrarmärkte von der Globalisierung „verschlungen“. Deshalb: Keine Kürzung der Agrarausgaben, sondern ihre Ausrichtung auf Multifunktionalität der Landwirtschaft und ländlichen Räume, damit die Menschen dort auch künftig arbeiten, verdienen und leben können! Wir sollten zum Haushalt kommen.

Christel Fiebiger: Beim Haushalt 2002 sehe ich mehr Schatten als Licht. Bei den Agrarmarktausgaben wurde der Ansatz vom Frühjahr um 1,971 Mrd. Euro verringert und die Ausgabenobergrenze des Berliner Gipfels um 2,336 Mrd Euro unterschritten. So sei die BSE- und MKS-Krisenreserve von 1 Mrd. Euro nicht mehr nötig. Laut Haushaltskommissarin Schreyer stellt sich „der Einbruch des Rindfleischmarktes … nicht mehr so drastisch dar wie vor einigen Monaten“. Sie malte etwas rosafarben, was in Wirklichkeit dunkelgrau ist.

Wieso dunkelgrau?

Christel Fiebiger: Die Situation ist knapp ein Jahr nach der jüngsten BSE-Krise noch immer bedrohlich. Die Nachfrage nach Rindfleisch erholt sich nur langsam. In Deutschland lag sie im 1. Halbjahr um 55% niedriger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Und für jedes Schlachtrind erhält der Landwirt 350 bis 450 DM weniger. Der Verbraucher muss aber für die Roulade mehr Geld auf den Tisch legen. Offensichtlich ist, dass die fünf größten Supermarktketten, die in Deutschland 90% aller Nahrungsmittel umsetzen, de facto über den Aufkauf der Produkte und ihren Preis entscheiden. So lange sich hier nichts ändert, muss den Landwirten geholfen werden. Der finanzielle Spielraum dafür wäre gegeben.

Gibt es keine Lichtblicke?

Christel Fiebiger: Lichtblicke sind, dass die Ausgabengrenze zur Entwicklung des ländlichen Raumes von 4,595 Mrd. Euro voll ausgefahren werden soll und für die Grenzregionen, die einem besonderen Anpassungsdruck bei der EU-Osterweiterung unterliegen, eine Haushaltslinie eingerichtet wurde. Auch wenn da noch keine Mittel drin stehen, ist das ein wichtiger Schritt, denn die Kommission muss sie mit Inhalt füllen.