Vorgestellt: Die Fraktion GUE/NGL

Andreas Wehr

Die sechs Europaabgeordneten der PDS sind Mitglieder der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL). Doch wer weiss schon genau, wer sich hinter diesem langen Namen verbirgt? Europarot wird deshalb die 14 anderen Parteien, die in dieser Fraktion zusammengeschlossen bzw. mit ihr assoziiert sind, in den nächsten Ausgaben vorstellen. Begonnen werden soll hier zunächst mit der Vorstellung der Fraktion selbst.

Fünfzehn Parteien aus zehn verschiedenen Ländern in einer Fraktion, wie soll das eigentlich gehen? Es funktioniert erstaunlich gut. Trotz mitunter weit auseinanderliegender politischer Positionen, unterschiedlichster kultureller Mentalitäten und des täglichen Kampfes mit dem babylonischen Sprachgewirr, kann sich die Arbeit der Fraktion sehen lassen, nimmt man die Anzahl und die Qualität der erarbeiteten gemeinsamen Positionen und der auf den Weg gebrachten Initiativen als Maßstab. Im Vergleich mit den ungleich größeren und materiell besser ausgestatteten Fraktionen der Konservativen und der Sozialisten hält die Linke das Parlament ganz schön auf Trab, sei es mit Aktionen zur Ächtung von Uranmunition, mit Vorschlägen für neue Friedensinitiativen im Nahen Osten oder mit der Anhörung von Betriebsräten, in deren Unternehmen massiver Arbeitsplatzabbau droht.

Ein entscheidender Grund für die erfolgreiche Arbeit liegt darin, daß sich die insgesamt 42 Abgeordneten und knapp 50 Mitarbeiter/innen bewußt sind, daß sie in einer konföderalen Fraktion arbeiten, d.h., dass es zwischen den Parteien kein oben oder unten, wichtiger oder unwichtiger gibt. Gemeinsam voran geht es nur, wenn man sich gegenseitig respektiert und toleriert, egal ob nun eine Partei mit nur einem oder mit sechs Abgeordneten in der Fraktion vertreten ist. Anders könnte ein solcher Zusammenschluss, in der rotgrüne, linkssozialistische, kommunistische und trotzkistische Parteien zusammenwirken, auch nicht bestehen. Hinzu kommt, dass aus einigen Ländern sogar mehrere linke Parteien vertreten sind.

Die Geschichte der Fraktion spiegelt die dramatischen Umbrüche wider, der sich die sozialistische und kommunistische Linke nach dem Ende des realen Sozialismus ausgesetzt sah. Gegründet wurde sie 1989 unter dem Namen „Vereinte Europäische Linke“, der damals vier Parteien angehörten, die damalige Italienische Kommunistische Partei, die Vereinigte Linke Spaniens, die Sozialistische Volkspartei Dänemarks und die griechische linkssozialistische Partei Synaspismos. Die einstige IKP, die heutige Democratisi di Sinistra (DS), die größte und gewichtigste Mitgliedspartei, wechselte schon bald in das Lager der Sozialdemokraten. Einen Neubeginn gab es mit den Europawahlen 1994. Damals vereinigte sich diese Fraktion mit der „Koalition der Linken“, einer weiteren Linksfraktion im EP, in der sich die Kommunisten Frankreichs, Portugals und Griechenlands zusammengeschlossen hatten. Dieser „Koalition der Linken“ gehörten auch die beiden vom Bundestag entsandten Europaabgeordneten mit Beobachterstatus der PDS an. Nach Jahren der Trennung waren somit 1994 die Kräfte links von der Sozialdemokratie und den Grünen wieder in einer Fraktion vereint. Mit der Erweiterung der Union um Schweden, Finnland und Österreich 1995 kamen mit dem finnischen Linksbund und der schwedischen Linkspartei zwei Parteien, die zusammen mit der SVP Dänemarks als „Nordische Grüne Linke“ einen eigenen Zusammenschluss in der Fraktion bildeten. Sie legen besonderen Wert auf die Berücksichtigung grüner politischer Positionen. Nach den Wahlen 1999 kamen die niederländische Sozialistische Partei, die griechische linkssozialistische DIKKI und die deutsche PDS hinzu. Zwei trotzkistische Parteien aus Frankreich wurden als assoziierte Mitglieder in die Fraktion aufgenommen.

Wer führt nun diese Fraktion? Vorsitzender ist seit 1999 der französische Kommunist, Francis Wurtz, ein erfahrener und umsichtiger Politiker, der dem Parlament seit 1979 angehört. Sellvertretende Vorsitzende der Fraktion sind Pernille Frahm aus Dänemark und Sylvia-Yvonne Kaufmann. Schatzmeister ist Helmuth Markov.