Kurz & Knapp

Zu Besuch in Straßburg

Mit Skepsis besuchten 38 Unternehmer, eingeladen vom Abgeordneten Dr. Hans Modrow und gemeinsam organisiert mit dem PDS-nahen Unternehmerverband OWUS, das Europaparlament.

Der kritische Blick nach Europa resultiert wohl aus einem ganzen Gemisch von Gründen. Wer denkt da nicht zuerst an übermäßige Bürokratie, praxisferne und undemokratische Beschlüsse, Geldverschwendung, egoistisches Feilschen um die Wahrung nationaler Eitelkeiten und Pfründe. Letzteres vor allem durch den Eindruck, den die zum Europäischen Rat versammelten Regierungschefs bei ihren Treffen meist hinterlassen.

Vor allem waren wir neugierig, wie das so ganz praktisch zugeht in einem Parlament, in dem bereits die Fraktion der Linken mit dem komplizierten Namen „Konföderale Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke“ mit 42 von 626 Abgeordneten sich aus 10 Ländern und 14 verschiedenen Parteien rekrutiert.

Der nachhaltigste Eindruck ist, dass im Europäischen Parlament der Blick auf die kontinentale Entwicklung gerichtet wird – nicht das nationale Klein-Klein dominiert, wie in anderen europäischen Gremien. Vielleicht hat das etwas damit zu tun, dass die Entscheidungen des Europäischen Parlamentes nur sehr begrenzt sofort praktische Konsequenzen haben und der Blick durch die unmittelbare Konfrontation mit verschiedenen Standpunkten bereits in der Fraktion die Sicht schärft für allgemeine Interessen.

Das erfordert Toleranz über Landes- und Parteigrenzen hinaus. So ist es nicht verwunderlich, dass auch mit der SPD normal zusammengearbeitet wird und das Verhältnis zur CDU immerhin als kollegial bezeichnet werden kann. Natürlich setzt das voraus, durch eigenes sachliches und fundiertes Auftreten Kompetenz nachzuweisen. Namen wie Brie, Modrow und Markov stehen zweifellos dafür.

Nahegebracht hat uns diese Problematik vor allem Helmuth Markov. Erfrischend die mehrstündigen Gespräche mit unserem Abgeordneten – unser, weil da ein Firmenchef sitzt, der aus eigener Praxis und seiner Vorstandstätigkeit im OWUS die mühevollen Wege unternehmerischer Arbeit gerade im Bereich der sogenannten KMU kennt.

Ganz klar seine Einschätzung, daß der Mainstream im Parlament auf Liberalisierung, Privatisierung und Entsolidarisierung im Wirtschafts- und Sozialbereich gerichtet ist.

Interessante Problemkreise für die kleinen Unternehmer finden sich bei solchen Themen wie Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe, Ausbildung und Qualifizierung.

Neu für uns war, dass die EU keine Kredite aufnehmen darf – eine Verschuldung wegen Haushaltsüberziehung ist aus dieser Richtung also ausgeschlossen. Oder dass bereits 80 % aller im Bundestag beschlossenen Gesetze Umsetzung europäischen Rechts sind.

Sehr interessant unsere Konfrontation mit Erfahrungen französischer Unternehmer. Natürlich links und klein, was sonst. Aufmerksam und auch etwas neidisch haben wir zugehört, als über die neueste französische Steuerpolitik gesprochen wurde. Die Linksregierung hat verwirklicht, was die PDS-Fraktion im Bundestag schon lange fordert. Sie senkte die Mehrwertsteuer auf Dienst- und Handwerkerleistungen vom normalen Steuersatz – hier 18,6 Prozent – auf 5,5 Prozent. Schwarzarbeit ist seitdem in diesem Bereich fast ein Fremdwort. Offensichtlich lohnt damit auch manche Reparatur, wo sonst das Wegwerfen angesagt war.

Ein einfaches Fazit ist schwer zu ziehen. Manches Klischee findet seine Bestätigung. So die Tatsache, daß dieser Organismus Europäische Union mit den verschiedenen Gremien und Standorten sehr behäbig ist.

Uwe Zimmermann (OWUS)

Menschenrechte achten

Der monatelange Hungerstreik von türkischen Häftlingen und ihren Angehörigen, mit denen sie gegen die unmenschlichen Haftbedingungen protestieren, hat schon 20 Menschen das Leben gekostet. Zwar hat das türkische Parlament im Mai diesen Jahres ein Gesetz zur Lockerung der Einzelhaftbedingungen verabschiedet, nach dem die Gefangenen, die aufgrund des Anti-Terror-Gesetzes verurteilt wurden, nun an kulturellen und sportlichen Aktivitäten teilnehmen und täglich mehrere Stunden zusammenkommen können. Doch nach wie vor sind davon nicht alle Gefangenen erfasst, dauern die Menschenrechtsverletzungen in türkischen Gefängnissen an. In der Isolationshaft sind die Gefangenen der Willkür der Wärter noch stärker ausgesetzt wie bisher. Es ist dringend notwendig eine Lösung zu finden, um weitere Todesfälle zu verhindern. Bisher hat sich die türkische Regierung geweigert, mit den Häftlingen zu verhandeln. Mit einem Dialog zwischen beiden Seiten kann ein gesellschaftlicher Konsens erreicht werden.

Will die Türkei in die Europäische Union aufgenommen werden, muss sie sich auch zu einer Humanisierung im Strafvollzug bekennen. Die Menschenrechte müssen für alle gelten – auch für Gefangene!

Feleknas Uca, MdEP

Reader erschienen

Anfang April fand in Potsdam eine agrarpolitische Konferenz der Fraktion GUE/NGL statt. Fast 100 Praktiker diskutierten mit den Politikern über die Gemeinsame europäische Agrarpolitik und ihre Auswirkungen auf die Regionen. Der Konferenzreader kann unter gps.lattwin@t-online.de bestellt werden.

Liberalisierung

Die Liberalisierung des ÖPNV war Gegenstand eines Workshops der PDS in Potsdam. Die Europapolitiker Erik Meijer und Helmuth Markov informierten über den Stand der diesbezüglichen Verhandlungen in Europa. Mehr Infos können bei Helmuth Markov unter hmarkov@europarl.eu.int abgefragt werden.

Mehr über die Arbeit der PDS-Abgeordneten im Europäischen Parlament finden Sie unter www.pds-europa.de.