Schriftliche Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission über Konfliktprävention,

Hans Modrow

behandelt auf der Plenarsitzungswoche vom 03. bis 06. Dezember in Strassburg von Hans Modrow

Der Ausschuss für Entwicklung und Zusammenarbeit betrachtet die Mitteilung der Kommission als eine ernsthafte Bemühung in
Richtung Konfliktprävention. Die Ereignisse vom 11. September unterstreichen nachhaltig, dass die bisherigen Anstrengungen auf
diesem Gebiet bei weitem nicht ausreichend sind und dass dem Terrorismus so entschieden wie besonnen entgegenzutreten ist.

Bei der Abfassung der Stellungnahme war das Ausmaß der Gegenreaktion auf die Terrorakte noch nicht abzusehen. Gleichwohl
unterstreiche ich als Verfasser alle Grundaussagen. Zwei persönliche Bemerkungen möchte ich hinzu fügen.

Erstens. Wie alle Mitglieder des Ausschusses und auch des Hohen Hauses verurteile ich den Terrorismus und trete dafür ein, dass die
Schuldigen nach Recht und Gesetz vor einen internationalen Gerichtshof gestellt und abgeurteilt werden.

Ich gebe zu, das ich Zeit gebraucht habe um zu erkennen, wie falsch das militärische Eingreifen der Sowjetunion in Afghanistan
gewesen ist. Wenn ich heute die Kriegführung gegen Afghanistan für unangemessen halte und ablehne, so habe ich diese
Überzeugung aus bitteren Erkenntnissen gewonnen. Die Trümmerberge, das Elend von Millionen und der Tod vieler Tausender im
jetzigen Krieg werden nicht den Hass überwinden helfen, sondern nur neuen hervorrufen.

Wenn heute uneingeschränkte Solidarität mit der Kriegführung gefordert wird und es damit begründet wird, es gehe nicht nur um die
Terrorismusbekämpfung, sonder darum, die Menschenrechte überall und notfalls mit militärischer Gewalt durchzusetzen, dann heißt
das nichts anderes, als dass die Interventionspolitik zum Normalzustand erklärt – mit und ohne konkreten Anlass.

Wie zu hören, sprechen die Führer der USA von der Fortsetzung und Ausweitung der militärischen Angriffe gegen weitere Staaten, wobei
vor allem Irak genannt wird. Mit der Globalisierung des Krieges wird die Schwelle für einen Dritten Weltkrieg gefährlich abgesenkt.

Die EU hat die Chance, dieser Tendenz entgegenzuwirken, indem sie ihr politisches und ökonomische Gewicht in die Waagschale wirft
und den Akzent auf die zivile Konfliktprävention setzt und sich nicht zum Erfüllungsgehilfen der Bush-Regierung degradieren lässt.

Zweitens. Seit 1990 haben die verschiedenen Gewaltkonflikte Jahr für Jahr bis zu einer Millionen Menschen das Leben gekostet. Es ist
unbestreitbar, dass schreiende soziale Ungerechtigkeiten und Diskriminierung den Nährboden für Gewaltausbrüche bilden. Die
G-7-Staaten verfügen über 70 Prozent des weltweiten Bruttosozialproduktes, obwohl sie nur 10 Prozent der Weltbevölkerung stellen.
Täglich sterben 24 000 Menschen an Hunger, 1,2 Milliarden Menschen leben in extremer Armut. Vom Weltverbrauch an Pharmaka
entfallen lediglich 1,3 Prozent auf Afrika, während gleichzeitig Aids, Malaria und TBC Zehntausende Todesopfer fordern. Deshalb steht
auch die Bekämpfung der Armut mit allen ihren Elementen im Mittelpunkt der Arbeit des Entwicklungsausschusses. Es ist
beschämend, dass die Industriestaaten um ihren Anteil von 0,7 Prozent des BSP für die Entwicklungshilfe feilschen, während sie ohne
Zögern das Geld für militärische Aktionen bereitstellen.

Es ist dringender denn je erforderlich, nicht nur die Symptome zu benennen, sondern die tieferen Ursachen aufzudecken und eine neue
Weltwirtschaftsordnung anzustreben, die nicht das Ungleichgewicht weiter verstärkt und immer neuen Hass produziert, sondern die
Ursachen für Konflikte eindämmt, indem sie allen Menschen eine Perspektive für ein selbstbestimmtes Leben in Würde ermöglicht.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.