Die Einberufung des Konvents ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem geeinten Europa
Zu den Ergebnissen des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union vom 14./15.12. 2001 in Laeken erklärt die PDS-Europaabgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann
Mit der „Erklärung von Laeken“ zur Einberufung eines Konvents wurde ein Beschluss von historischer Tragweite für die Zukunft der Europäischen Union gefasst. Von besonderer Bedeutung ist, dass keine der offenen politischen Fragen zur Zukunft der EU zum Tabu erklärt wurde und mit dem Mandat des Konvents zugleich die Einleitung eines europäischen Verfassungsprozesses verbunden ist.
Die Einberufung des Konvents ist auch deshalb ein Meilenstein in der europäischen Politik, weil mit ihm die Politik der Geheimdiplomatie hinter verschlossenen Türen, von undurchsichtigen Entscheidungsfindungen und des Feilschens im Sitzungsmarathon langer Nächte – wie zuletzt auf dem EU-Gipfel von Nizza geschehen – hoffentlich ein für alle mal der Vergangenheit angehört. Es kann nicht hoch genug bewertet werden, dass der Konvent mehrheitlich aus demokratisch gewählten Abgeordneten der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments besteht, öffentlich tagen und den Dialog mit den verschiedensten Organisationen der Zivilgesellschaft führen wird und dass die Beitrittskandidatenstaaten an der Erarbeitung von Vorschlägen für die bislang tiefgreifendste Reform der Europäischen Union beteiligt sind. Damit ist die Chance verbunden, tatsächlich europaweit eine breite öffentliche Debatte über die Zukunft Europas zu führen. Zu hoffen ist schließlich, dass der Konvent als eigenständiges Gremium im Laufe seiner Beratungen eine eigene politische Dynamik entfalten wird, so dass sich die nächste Regierungskonferenz nicht einfach über seine Vorschläge hinwegsetzen kann.
Für den Erfolg des Konvents und letztlich für die Zukunftsfähigkeit der Europäischen Union wird entscheidend sein, dass es gelingt, die Europäische Union umfassend zu demokratisieren und die individuellen Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Deshalb muss die EU-Grundrechtecharta in den EU-Vertrag aufgenommen und damit rechtsverbindlich werden.
In die falsche Richtung weisen hingegen die Beschlüsse von Laeken, die auf den beschleunigten Ausbau der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) gerichtet sind. Die vom Gipfel formulierten Ziele, „immer anspruchsvollere“ und „immer komplexere“ militärische Operationen durchführen und die ESVP „umgehend zum einsatzbereiten Instrument“ auszubauen zu wollen, werden die Militarisierung der Union weiter vorantreiben. Inakzeptabel ist vor allem, dass in den Schlussfolgerungen des Vorsitzes die Beteiligung von EU-Mitgliedstaaten an einem Militäreinsatz in Afghanistan ohne Wenn und Aber befürwortet wird und dass sich die EU aufgrund des Einspruchs Großbritanniens, Deutschlands, Spaniens, Italiens und der Niederlande nicht gegen die Absicht der USA stellte, den Krieg in Afghanistan gegen andere Staaten auszuweiten.