Vor Laeken – Keine neuen Aus- und Einreiseverbote! Grundrechte in der EU sichern! EU-Grundrechtecharta durchsetzen!

Zur heutigen Abstimmung über den ‚Bericht über eine Empfehlung des Rates zum Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts: Sicherheit der Tagungen des Europäischen Rates und anderer Veranstaltungen von vergleichbarer Tragweite‘ (Watson-Bericht) im Europäischen Parlament erklärt die PDS-Europaabgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann am 12.12.2001 in Strassburg:

Im Watson-Bericht wird zu recht gefordert, dass bei Tagungen des Europäischen Rates in Zukunft vermieden werden soll, „dass die Grenzen blockiert bzw. Personen oder Gruppen, die an ordnungsgemäß angemeldeten Demonstrationen teilnehmen wollen, das Recht verweigert wird, die Grenzen zu überschreiten.“

Es darf nicht hingenommen werden, dass es im Zusammenhang mit dem EU-Gipfel in Laeken wieder zu ähnlichen Ausreise- bzw. Einreiseverboten kommt wie im Vorfeld des G8-Gipfels in Genua. Durch diese Maßnahmen werden nicht nur die in der EU-Grundrechtecharta garantierten Rechte auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit (Art. 11) sowie auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (Art. 12) verletzt, sondern auch das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit (Art. 45) für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger innerhalb der Europäischen Union. Dieses Recht stellt – wie es auch im Watson-Bericht ausdrücklich festgehalten wird – einen der Grundpfeiler des Selbstverständnisses der EU dar.

Auch die im Watson-Bericht enthaltene Forderung nach einem effektiven Europäischen Datenschutz (Art. 8) findet meine ungeteilte Zustimmung. Es darf keine Neuauflage von „schwarzen Listen“ oder neuen Spezialdatenbanken geben. Die bisherige Praxis der Speicherung von Personendaten ohne Wissen und Einspruchsmöglichkeit der betroffenen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger stellt eine Verletzung elementarer Grundrechte dar.

Im Hinblick auf die vor und während des EU-Gipfels in Laeken stattfindenden Demonstrationen müssen die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger garantiert werden. Praktiken wie Ausreise- oder kollektive Einreiseverbote müssen ein für alle mal der Vergangenheit angehören. Sie sind nicht dazu geeignet, das Vertrauen von Bürgerinnen und Bürger in die Union und ihre Institutionen zu stärken.

Eine Ignorierung der im Watson-Bericht aufgestellten Forderungen und eine Missachtung der in der EU-Grundrechtecharta fixierten Rechte durch die Europäischen „Ratsherren“ würde auf Dauer eine schwerwiegende Beschädigung der Grundrechte in der Europäischen Union mit sich bringen. Es bleibt zu hoffen, dass sich in Laeken und bei anderen Gipfeln Vorgänge wie beim G8-Gipfel in Genua, in dessen Folge nun gegen zahlreiche Polizeibeamte wegen z. T. schwerer Menschenrechtsverletzungen ermittelt wird, nicht wiederholen.