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André Brie mahnt Unterzeichnung der Sozialcharta des Europarats durch Bundesregierung an – Schwerin, 24. September 2001:

Dr. André Brie, Mitglied des Europäischen Parlaments, hat die Unterzeichnung der Sozialcharta des Europarates durch die rot-grüne Bundesregierung angemahnt. Wie der Abgeordnete am Montag vor der Landesarmutskonferenz Mecklenburg-Vorpommern erklärte, hätten zwar 13 Mitgliedsländer der Europäischen Union die Charta unterzeichnet, ratifiziert wurde sie jedoch von nur vier Staaten. Die Bundesregierung, die sich gern als Vorkämpferin sozialer Grundrechte darstelle, habe das Dokument weder unterzeichnet noch ratifiziert. Die 1996 überarbeitete und vor zwei Jahren in revidierter Form in Kraft getretene Sozialcharta geht in ihren Bestimmungen über die Festlegungen im deutschen Grundgesetz deutlich hinaus. So betont sie in ihrer neuen Form stärker die Gleichstellung von Frauen in allen Bereichen, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, das Recht auf würdige Arbeitsbedingungen und vorsorgenden Arbeitsumwelt- und Gesundheitsschutz, das Recht auf Schutz vor Armut und sozialer Ausgrenzung oder das Recht auf Wohnen. Damit hebe sich die Charta des Europarats auch deutlich von der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer der EU ab, betonte Dr. André Brie. Diese enthalte nur sehr allgemein gehaltene Abschnitte und kenne beispielsweise kein Recht auf Arbeit wie die Sozialcharta des Europarats.

Auch die Grundrechte-Charta der EU sei bislang lediglich eine feierliche Erklärung der Regierungschefs, die auf dem Gipfel von Nizza 2000 verkündet wurde. In diesem Dokument kämen die sozialen Grundrechte zu kurz. Brie forderte daher, im Rahmen des sogenannten „Verfassungsprozesses“ der EU bis 2004 die sozialen Grundrechte in der EU-Charta der Grundrechte verbindlich zu verbriefen – mindestens auf dem Niveau der revidierten Sozialcharta des Europarats. Die so überarbeitete EU-Charta der Grundrechte müsse ein rechtsverbindlicher Bestandteil des Vertrags über die Europäische Union werden.