Münchener Wehrkundetagung unter keinem guten Stern
Sylvia-Yvonne Kaufmann anlässlich der 37. Münchener Konferenz über Sicherheitspolitik im Europaparlament am 04. Februar 2001
Die am Wochenende in München abgehaltene jährliche Wehrkundetagung stand wie so oft unter keinem guten Stern. Die Druckerschwärze mit der Ankündigung Bushs, die Pläne zum Aufbau einer neuen Raketenabwehr in die Tat umzusetzen, war noch nicht ganz trocken, da reiste auch schon der US-amerikanische Verteidigungsminister an, um seine europäischen Kollegen und Militärs von der Notwendigkeit des Projekts zu überzeugen.
Hier wurde eine Suppe gebraut, die wahrlich schwer verdaulich ist. Ein land-, luft- und weltraumgestütztes Raketenabwehrsystem, das das gesamte bisher vereinbarte Rüstungskontrollgebäude zum Einsturz bringen würde, soll der „freien Welt“ angeblich mehr Sicherheit und Schutz geben. Was wollen uns die Herren denn noch alles weismachen? Wer soll denn um alles in der Welt mit den technologisch weit überlegenen USA im Weltraum Krieg spielen wollen? Etwa die von Unterentwicklung und internationalen Sanktionen ausgemergelten sogenannten Schurkenstaaten Libyen, Nordkorea, Iran und Irak? Aber wenn keine reale Bedrohung besteht, welche anderen Gründe stecken dann hinter einem solch riskanten und kostspieligen Projekt?
Eigene Unverwundbarkeit und Erstschlagsfähigkeit sollen Macht- und Führungsambitionen der USA den nötigen Nachdruck verleihen. Die Welt wird zum Spieltisch und die USA drehen das Roulette und geben die Spielregeln vor. Und schließlich braucht die Milliardengewinne gewohnte, vom Staat ausgehaltene Rüstungslobby und der dahinter stehende gigantische militärisch-industrielle Komplex endlich wieder Aufträge.
Diese Szenarien erinnern leider an schon längst überwunden geglaubte Denkmuster aus Zeiten des kalten Krieges und der Ost-West-Konfrontation. Die PDS appelliert daher an alle politischen und gesellschaftlichen Verantwortungsträger in der Bundesrepublik, in Europa und der ganzen Welt, sich einer solchen auf Stärke und Bedrohung setzenden Politik entschieden zu widersetzen. Mehr Sicherheit für alle entsteht nicht durch immer ausgeklügeltere und technologieintensivere Waffensysteme und in einem Gegeneinander, sondern nur auf dem Weg von Abrüstung, Gewaltverzicht, Interessenausgleich und friedlicher Zusammenarbeit