EU-Grundrechtecharta – Eine Chance droht verpasst zu werden
Der Präsidiumsentwurf für eine EU-Grundrechtecharta ist fertig. Im September werden die Mitglieder des 62-köpfigen Konvents abschließend über die insgesamt 52 Artikel beraten. Wer darin fundierte Aussagen für ein soziales Europa erwartet, sieht sich enttäuscht. So wurde aus dem „Recht auf Arbeit“ ein „Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst“ und aus dem „Recht auf Wohnen“, ein „Recht auf eine Wohnungsbeihilfe“. Schon die Präambel des Entwurfs prägen neoliberale Glaubenssätze. So heißt es in Absatz 2: Die Union „stellt durch den freien Personen-, Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung sicher.“ Eine Sozialstaatsverpflichtung sucht man vergeblich. Auch ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung fehlt im Präsidiumsentwurf, obwohl sich die eindeutige Mehrheit der Konventsmitglieder dafür ausgesprochen hatte. Eine Fehlstelle, die zu schließen, angesichts der rasanten Entwicklung der EU hin zu einer Militärunion unerlässlich wäre, um dem Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung auch für die Offiziere und Soldaten der neuen EU-Eingreiftruppe (60000 Mann bis 2002) Geltung zu verschaffen. Bleibt es bei der vorgelegten Fassung, droht eine große Chance für den umfassenden Schutz der Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger in der EU verpasst zu werden.