Zu den Ergebnissen des Gipfeltreffens der EU-Staats- und Regierungschefs in Santa Maria Da Feira

Dr. Sylvia Yvonne Kaufmann am 21.6.00 in Brüssel

Die Bilanz des Gipfeltreffens der EU-Staats- und Regierungschefs in Santa Maria Da Feira ist mehr als enttäuschend.

Die Regierungskonferenz über die vor der EU-Erweiterung notwendigen institutionellen Reformen tritt auf der Stelle. Im Hinblick auf die EU-Grundrechtecharta halten zahlreiche Regierungen ungeachtet der Forderungen von Bürgerinitiativen, Nichtregierungs-organisationen und auch des Europäischen Parlaments daran fest, Grundrechte für die in der EU lebenden Menschen lediglich „feierlich proklamieren“ zu wollen. Auch die in letzter Minute erzielte Vereinbarung zur Zinsbesteuerung steht offensichtlich noch auf sehr wackligen Füßen.

Bezeichnenderweise gibt es klare Entscheidungen ausgerechnet nur zur Forcierung der Militarisierung der EU. Es ist beschämend, dass die Rot-Grüne-Bundesregierung diese Politik an vorderster Stelle mit vorantreibt und der Gipfel in Feira die Stärkung des europäischen Militärpotentials gar zur Kernfrage der Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der Europäischen Union erhoben hat.

Das skandalöseste Ergebnis von Feira aber ist, dass den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten als einzige Antwort auf den Tod der 58 Flüchtlinge in Dover eingefallen ist, die Maßnahmen gegen die sogenannte Schleuserkriminalität zu verschärfen. Keine Zeile wurde darauf verschwendet, die EU-Abschottungspolitik und ihre zum Teil tödlichen Folgen für Menschen in Not auch nur im geringsten zu überdenken.

Feira hat erneut ex negativo gezeigt, wie dringend notwendig eine breite öffentliche Diskussion über die Inhalte künftiger EU-Politik ist. Die Frage ist vor allem, wie lange Europa es sich noch leisten kann, die wirklichen Probleme der Bürgerinnen und Bürger in der EU auszublenden.