Strukturförderung: Mehr Mut zum Risiko
Presseartikel des Abgeordneten Helmuth Markov aus Brüssel, 12. September 2000; Neue Leitlinien für innovative Maßnahmen von der Kommission vorgelegt / Künftige Projekte sollen „Raum für Versuche“ werden
Mit 400 Millionen Euro will die EU-Kommission ein Förderpaket für innovative Maßnahmen zur regionalen Entwicklung finanzieren. Am 12. Juli 2000 verabschiedete die Kommission hierzu einen Entwurf von Leitlinien, der demnächst dem Europäischen Parlament zur Beratung vorliegen wird.
Im Mittelpunkt stehen Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der am wenigsten entwickelten Regionen Europas. Allerdings – und dies ist neu – soll es diesmal nicht um die Aufstockung der Mittel für den Auf- und Ausbau der „materiellen“ Infrastruktur schlechthin, sondern um die Förderung von Forschung, Entwicklung, Informationsaustausch und regionale Kooperation gehen.
Dass Handlungsbedarf besteht, zeigt sich u.a. darin, dass die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den 25 am wenigsten entwickelten Regionen der EU nur 0,5 Prozent des Bruttosozialproduktes ausmachen. Der europäische Durchschnitt liegt bei 2 Prozent. Des weiteren sind in diesen 25 Regionen nur 4 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung im Technologiebereich beschäftigt, während es in den am weitesten entwickelten Regionen bereits 14,6 Prozent sind. Dies bedeutet: ohne entsprechende Gegenmaßnahmen würden die Unterschiede zwischen den ärmsten und den reichen Regionen der EU größer. Angesichts der rasanten Entwicklung gerade im Informations- und Telekommunikationsbereich würden die benachteiligten Regionen hier den Anschluss verlieren.
Daher ist es der Vorschlag der Kommission, mit relativ geringen Mitteln (0,4 Prozent des gesamten Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung – EFRE) die schon bestehenden und zukünftigen Strukturmaßnahmen innovativer zu gestalten. Als innovativ gelten beispielsweise Programme, die die Kooperation, den Personal- und Informationsaustausch zwischen Unternehmen (vor allem KMU), Forschungszentren und Hochschulen beinhalten. Die EU-Förderung soll den Impuls für langfristige Zusammenarbeit bieten. Angedacht ist nämlich nur eine maximal zweijährige Projektförderung. Gerade die neuen technischen Möglichkeiten des Internet und der Telekommunikation bieten den geographisch isolierten oder wirtschaftlich unterentwickelten Regionen die Chance, ihre Standortnachteile auszugleichen. Daher seien Programme zur Verbesserung von Informationsdiensten und zur Bereitstellung eines allgemeinen Zuganges zum Internets besonders förderungswürdig, so die Kommission.
Für die neuen Bundesländer, die alle Ziel-1-Gebiete sind, ergibt sich nun die Möglichkeit, Mittel des EFRE flexibler und risikofreudiger, somit innovativer einzusetzen. Allerdings müssen die Länder, wie bei sonstigen Fördertöpfen auch, die erhaltenen Gelder kofinanzieren, obwohl die maximale Förderung für Ziel-1-Gebiete 80 Prozent betragen kann.
Die durch die neuen Leitlinien angesprochenen Regionen sind nun aufgerufen, Vorschläge für Projekte und Maßnahmen an die Kommission zu senden. Offensichtlich sind hierbei die ostdeutschen Länder unterschiedlich engagiert. EU-Kommissar für Regionalpolitik Michel Banier teilte am 11. September vor dem Regionalausschuss des Europäischen Parlamentes mit, dass Mecklenburg-Vorpommern bereits Vorschläge unterbreitet hat und mithin für 2000 noch mit Geldern zu rechnen habe, hingegen für Brandenburg bisher keine Anträge genehmigt werden konnten.