Die Europäische Union, die Türkei und die Kurden
Feleknas Uca am 8. November
Auf dem EU-Gipfel in Helsinki im Dezember 1999 wurde die Türkei in den Kreis der EU-Bewerberländer aufgenommen. Dies hat große Hoffnungen unter den Kurden erweckt, die sich nach Frieden und Demokratie sehnen. Mittlerweile kann die Enttäuschung in den Gesichtern der Kurden nicht mehr geleugnet werden. Trotz der häufigen verbalen Versprechen der türkischen Regierung Reformen einzuleiten, gibt es keine erkennbaren Zeichen von Demokratisierung. Im Gegenteil: Die Menschenrechtsverletzungen halten in der Türkei nach wie vor an.
Wer in die EU will, muss die Kriterien von Kopenhagen erfüllen. Auch die Türkei. Der Demokratisierungsprozess in der Türkei ist langwierig. Wir müssen geduldig sein, denn der Weg bis dahin ist noch lang. Aber ohne eine politische und friedliche Lösung der Kurdenfrage wird es keinen Beitritt der Türkei zur EU geben. Diese Deklaration, welche von 60 Intellektuellen aus der ganzen Welt auf Initiative von türkischen und kurdischen Schriftstellern unterstützt wird, ist ein wichtiger Beitrag zu diesem Ziel. Ich habe diese Deklaration unterschrieben und ich unterstütze sie mit all meinen Kräften, weil sie die Grundrechte für die Kurden betont und einfordert. Dazu gehören:
Die Anerkennung der kurdischen Sprache, Kultur und Identität
Die Presse- Meinungs- und Organisationsfreiheit
Die Abschaffung der Todesstrafe
Die Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Dörfer muss garantiert werden.
Alle politischen Gefangenen müssen durch eine Generalamnestie freigelassen werden.
Ein Jahr seit dem Gipfel von Helsinki ist nun vergangen. Nun ist es an der Zeit, dass die Türkei die Reformen einleitet. Die EU kann zwar nicht die innenpolitischen Probleme der Türkei lösen, aber sie kann die Türkei zu Reformen ermutigen und dabei unterstützen. Jetzt liegt es am politischen Willen der Türkei, ob es den Demokratisierungsprozess entwickeln will.
Die Kurdenfrage ist nicht nur eine türkische sondern auch eine europäische Frage, wie der türkische Menschenrechtler Akin Birdal in einem Gespräch mit mir sagte. Wir brauchen eine „Europäische Initiative zur Lösung der Kurdenfrage“.
Heute veröffentlicht die Europäische Kommission das Beitrittsdokument für die Türkei. Laut türkischen Presseberichten soll der Name „Kurde“ in diesem Dokument nicht aufscheinen. Wenn diese Annahme zutrifft, frage ich mich, ob die demokratischen Pfeiler der Europäischen Union glaubwürdig sind. Denn dies bedeutet, dass das Recht der Kurden auf ihre eigene kulturelle Identität von Europa nicht anerkannt wird. Die Hoffnungen und Erwartungen der Kurden auf ihre Rechte dürfen diesmal nicht enttäuscht werden. Die Forderungen des Europäischen Parlaments nach Menschenrechte in der Türkei sollten endlich in die Tat umgesetzt werden.