Beihilfen fortsetzen, Kapazitätsbegrenzungen lockern!
Zu den Protesten der Schiffbauer in Mecklenburg-Vorpommern und zur Werften-Politik der EU erklärt André Brie am 15. November in Strassburg
Die internationalen Wettbewerbsbedingungen im Schiffbau haben mit regulären Marktbedingungen kaum noch etwas zu tun. Für die Werftindustrie in der Europäischen Union und nicht zuletzt in Mecklenburg-Vorpommern stellen sie eine existenzielle Bedrohung dar. Ich unterstütze daher die Proteste uneingeschränkt. Die von der EU-Kommission – im übrigen in Durchführung von Entscheidungen des Europäischen Rates (der Regierungen) – geforderte Beendigung der staatlichen Beihilfen würde die Wettbewerbsnachteile der Werften in der EU gefährlich verschärfen. Diese Beihilfen dürfen nicht wegfallen! Im Europäischen Parlament werden wir uns fraktionsübergreifend für ihre Fortsetzung einsetzen.
In Mecklenburg-Vorpommern sind der Erhalt und die Entwicklung der mit enormen öffentlichen und privaten Investitionen modernisierten Werften von besonderer Bedeutung. Sie stellen den industriellen Kern der Wirtschaft des Landes dar und dürfen unter keinen Umständen gefährdet werden. Industrielle Alternativen in ihrem Ausmaß sind nicht absehbar.
Die von der Kohl-Regierung mit der EU vereinbarte Begrenzung der jährlichen Schiffbaukapazität auf 327 000 cgt (gewichtete Großtonnen) ist angesichts ihrer Starrheit und der weiter gestiegenen Arbeitsproduktivität zu einem ernsten Problem für die Erhaltung der Arbeitsplätze und die Wettbewerbsfähigkeit der Werften in Mecklenburg-Vorpommern geworden. Gegenüber der EU-Kommission habe ich bereits vor Monaten gefordert und werde es weiterhin tun, alle Möglichkeiten einer Flexibilisierung dieser Beschränkungen auszuschöpfen und sie einer umfassenden Überprüfung zu unterziehen. Die Bundesregierung steht dabei im Europäischen Rat vor einer besonderen Verantwortung. Es muss in der EU und in der Bundespolitik endlich konsequent zur Kenntnis genommen werden, dass durch die anhaltenden Probleme der wirtschaftlichen Transormation und die Fehler der Treuhand- und Privatisierungspolitik nach 1990 in Ostdeutschland eine Sondersituation fort besteht.
Die Bundesregierung muss die Anwendung von Artikel 87, Ziffern 2 und 3, vor allem von 2c, des Amsterdamer Vertrages, der entsprechende Regelungen erlaubt, im Rat und gegenüber der Kommission zur Geltung bringen.