Falsche Vorschläge für falsche Konzepte, falsche sicherheitspolitische Analysen und falsche Szenarien

Zu den inzwischen bekannt gewordenen Vorschlägen der Bundeswehrkommission erklärt André Brie am 08.05.00 in Brüssel

Zweifellos hat die von Richard von Weizsäcker geleitete Bundeswehrkommission tatsächlich unabhängig gearbeitet. Die Kritik aus allen Richtungen, ausgenommen Bündnis 90/Die Grünen, spricht eindeutig dafür.

Das Ergebnis ist aber auch aus linker Sicht völlig unbefriedigend. Die seit Jahren anhaltende und inzwischen dramatisch beschleunigte Militarisierung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik wird nicht nur nicht in Frage gestellt, sondern aktiv unterstützt. Die vorgeschlagenen Verkleinerung der Bundeswehr ist mehr als zeitgemäß, in dieser Form aber nur der Rahmen für ihre endgültige Umwandlung in eine hochoffensive international einsetzbare Interventionsstreitmacht mit Hochtechnologierüstung. Die Aufstockung der „Einsatzkräfte“ von 50 000 auf 140 000 Soldaten macht die Bundeswehr fast zwangsläufig zur potenziellen Aggressionsmacht in internationalen Konflikten und Krisen.

Die geplante Erweiterung der Befugnisse des Generalinspekteurs wird die seit einigen Jahren bestehende Tendenz zur Wiedereinführung eines Generalstabs und damit auch nationale Momente verstärken.

Der wichtigste Mangel der bisher bekannt gewordenen Vorschläge besteht jedoch offensichtlich darin, dass falsche Konzepte für falsche sicherheitspolitische Analysen und falsche Szenarien ausgearbeitet wurden.

Ein Land und ein Militärbündnis, die in keiner Weise militärisch bedroht sind, müssten einen völlig anderen Weg, einen Weg radikaler Abrüstung gehen, strikter Defensivität der Streitkräfte, ziviler und kooperativer Sicherheitspolitik und politischer Krisenprävention. Statt einer Ausweitung der Rüstungsausgaben wäre eine sehr substanzielle Erhöhung der Ausgaben für Friedensforschung und -erziehung, für internationale ökonomische Hilfe, für zivile und politische Krisenprävention dringend erforderlich.